
Diesen Sommer wird Mathilde Thun wohl nie vergessen. Nicht nur, dass sie erfolgreich ihr Abitur in Görlitz gemacht hat. Nicht nur, dass sie nach Dresden gezogen ist, um dort ab Oktober zu studieren. Dann hat sie auch noch an der U19-Europameisterschaft im Handball in Montenegro teilgenommen – für Österreich. „Es war ein tolles Erlebnis, eine angenehme Atmosphäre und viele Erfahrungen“, sagt sie.
Die 18-Jährige hat es weit gebracht. Der Verein Görlitzer HC, die Görls, die KommWohnen seit einigen Jahren unterstützt, bezeichnen sie als eines ihrer größten Handballtalente. Dort hat sie gelernt, was sie jetzt bis zur Jugend-EM gebracht hat. Dass sie für Österreich starten konnte, liegt an ihrem Vater, der Österreicher ist. Dadurch hat seine Tochter die doppelte Staatsbürgerschaft. Mehrere Lehrgänge und Trainingslager standen auf dem Programm, bis Mathilde Thun endlich das Ticket in den Händen hielt. „Da war ich natürlich sehr erleichtert und froh.“ Schließlich musste sie gegen reichlich Konkurrenz bestehen.
Österreich schlägt sich überraschend gut
Mitte Juli lief die EM über fast zwei Wochen, bis zum Halbfinale ist Österreich gekommen, letztlich auf Platz 4 gelandet. Ein super Ergebnis, das so nicht zu erwarten war, sagen Handballexperten. Und Mathilde Thun hat fleißig mitgeholfen. „Ich habe sehr viel Spielzeit bekommen und mich mit dem Team gut verstanden.“ Die gute Platzierung hat Österreich die Tür geöffnet für die U20-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr, Ort noch offen. Vielleicht ist die Görlitzerin auch dann dabei, ausgeschlossen ist es für sie nicht. Sie lacht. „Doch, ich würde es wieder tun.“
Bei der EM wurde sie emsig angefeuert. Eltern, Brüder, Großeltern, Onkel, Tante, Cousinen – sie alle waren unter den Zuschauern. Ihre Teamkolleginnen von den Görls haben aus der Ferne bestimmt auch mitgefiebert. Als Österreich überraschend im Halbfinale stand, sind die Eltern extra nochmal mit dem Flugzeug angereist. Und das sei im Fall von Montenegro angesichts der geringen Flughafendichte nicht ganz einfach.
Apropos Montenegro: Für das Land an sich war während der EM nicht viel Zeit, sagt Mathilde Thun. „Wir waren nur einmal am Strand und sind ein bisschen rumgefahren, ein paar Städte angeschaut und so. Es war leider sehr heiß.“ Die schöne Landschaft, die Berge, das Meer sind ihr dennoch aufgefallen. Wer weiß, vielleicht ist eines Tages mehr Zeit für Montenegro.
Neuer Wohnort, neuer Verein
Keine Zeit ist hingegen mehr für die Görls eingeplant. Die Görlitzer Handballerinnen müssen jetzt auf Mathilde Thun verzichten. Mit ihrem Umzug nach Dresden wechselt sie zum HC Rödertal, der zwei Ligen höher spielt. „Die Görls schaffen das künftig auch sehr gut ohne mich“, sagt die Neu-Dresdnerin bescheiden. „Und ich möchte oft bei den Spielen zuschauen kommen.“ Sie sei schon gespannt auf die Atmosphäre, wenn sie ihr früheres Team von der Tribüne aus beobachtet, statt auf dem Spielfeld mitzuwirken.
Sie selbst wird sich jetzt auf ihre Aufgaben im neuen Verein konzentrieren. Mitte September beginnt die Saison für die Frauen. Und dann ist da natürlich auch der Start ins Studium an der Technischen Universität Dresden: Mathematik und Sachkunde als Grundschullehramt. Es könnte nach dem spannenden Sommer also auch ein spannender Herbst für Mathilde Thun werden.
Fotos: © Match_Lens