An der Terrasse in Görlitz-Königshufen ist es im Moment besonders deutlich: Die Tauben nehmen in den Wohngebieten wieder einmal überhand. Die Görlitzer Lokalredaktion der Sächsischen Zeitung hat das Thema vor kurzem aufgegriffen, und nun haben sich auch bei uns Mieter gemeldet. “Wir wohnen nun schon über 40 Jahre hier, aber so etwas gab es noch nicht”, schreibt eine Mieterin von An der Terrasse. Es gebe ständig Taubenkot auf den Balkonbrüstungen, und die Tauben würden jeden auffindbaren Platz zum Brüten nutzen.
Woran liegt das? Unserer Überzeugung nach – und das deckt sich mit den Beobachtungen anderer Großvermieter sachsenweit – sind vor allem illegale Fütterungen von Tauben schuld. Illegal deswegen, weil das Füttern von Tauben nicht nur laut all unserer Hausordnungen verboten ist. Sondern es genau so auch in der Polizeiverordnung der Stadt Görlitz (Paragraph 7) steht und als Ordnungswidrigkeit bestraft werden kann (bis zu 1.000 Euro). In diesem Gesetz ist geregelt: “Wildtauben und verwilderte Haustauben dürfen nicht gefüttert werden.”
Taubenfüttern kann zu Kündigung führen
Sollte sich ein Mieter nicht an das Fütterungsverbot halten, können mietrechtliche Konsequenzen daraus erwachsen, sagt Rechtsanwalt René Zich. “Sollten andere Mieter Beschwerden an KommWohnen herantragen, dass Mieter X regelmäßig Tauben füttert, kann dieser Mieter abgemahnt werden.” Normalerweise werde diese Verhaltensweise zweimal abgemahnt. Wenn jedoch in erheblichem Umfang (um die 50 Tauben) durch die Fütterung angelockt würden, reiche möglicherweise auch eine Abmahnung aus. Dies hänge auch davon ab, wie stark die anderen Mitmieter durch das Taubengurren, den Flügelschlag und die Kotabsonderungen der Tauben beeinträchtigt seien.
Das Ganze gipfelt dann bei fehlender Unterlassung in der Kündigung des Mietverhältnisses. Für die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens existieren bereits mehrere Gerichtsbeschlüsse, zitiert René Zich. Denn der Vermieter hat dem Mieter gegenüber einen Unterlassungsanspruch, da die Wohnung Schaden nimmt und schwer wiegende Nutzungseinschränkungen für die anderen Mieter eintreten.
Wir bitten daher alle Mieter noch einmal dringend darum, etwaiges Füttern von Tauben ab sofort zu unterlassen. Wir schließen nicht aus, das in Zukunft genauer zu kontrollieren. „Wenn wir die Nahrungsaufnahme der Tauben eindämmen, könnten wir die Überpopulation stoppen und die Taubenzahl auf ein normales Maß bringen“, sagt KommWohnen-Geschäftsführer Arne Myckert. In den Parks finden die übrigen Tauben genug Futter und würden nicht die Nähe zu den Menschen suchen. Auch den Vögeln selbst würde es dann wohl besser gehen, weil sich nicht eine immer größer werdende Zahl einen beengten Lebensraum teilen müsste.
Viele Versuche, wenig Erfolg
Und was lässt sich noch tun gegen eine Taubenplage? Zum Schutz unserer Mieter und Häuser haben wir in den vergangenen Jahren verschiedene Möglichkeiten diskutiert, um die Taubenpopulation nicht überhand nehmen zu lassen:
- Taubennetze
Diese Netze werden an allen Balkonen angebracht, wo ein Taubenproblem auftritt bzw. ein solches durch die Nähe brütender Vögel droht. Meist werden sie nur in Leerwohnungen verwendet, weil Mieter natürlich nicht durch Netze auf die Umgebung schauen wollen. Die Taubennetze halten die Vögel zuverlässig vom Balkon fern. Problematisch wird es jedoch, wenn sich Teile des Netzes lösen und so für Vögel zur Falle werden können. Fazit: bedingt einsetzbar, da großer Kontrollaufwand.
- Taubentürme mit Eiaustausch
Dieses sogenannte Augsburger Modell setzt auf die Ansiedlung von Tauben in Taubenschlägen. Dort können die Tiere nicht nur gesundheitlich überwacht werden, sondern es könnten zudem ihre Eier gegen Gips- oder Plasteeier ausgetauscht werden, um die Population zu verringern. Tauben sind extrem fruchtbar und brüten mehrmals im Jahr, wobei die Brutzeit nur rund zwei Wochen beträgt. Doch diese Taubentürme sind mit hohem personellem Aufwand verbunden. Zudem müsste man die Tauben hin und wieder ein Ei auch ausbrüten lassen, da sie sich sonst neue Nistplätze suchen. Das senkt die Zahl der Vögel jedoch nur unerheblich. Fazit: zu wenig wirksam.
- Einsatz von Greifvögeln
Greifvögel wie Bussard, Wanderfalke, Uhu und Co. holen sich vor allem junge Tauben und helfen, den Bestand zu reduzieren. Allerdings ziehen sich die Tauben nur zurück, solange der Wanderfalke jagt. Ist er satt und faul, besteht für die Tauben keine Gefahr – und das wissen sie. Fazit: bedingt einsetzbar, teuer.
Was bei uns nie zum Einsatz kam und nie kommen wird, ist Gift. Denn dies widerspricht sowohl dem Tierschutzgesetz als auch dem Naturschutzgesetz.
Distanzlose Tiere
Wie groß die Ansteckungsgefahr mit Krankheiten durch Tauben ist, darüber streiten Schädlingsbekämpfer und Tierschutzvereine seit Jahren leidenschaftlich. Einhelligkeit besteht zumindest in der Warnung vor dem Kot der Vögel. Darauf können Hefepilze wachsen, unter denen möglicherweise auch einer ist, der beim Menschen eine Hirnhautentzündung auslöst (Kryptokokkose).
Fakt ist, dass Tauben den Menschen näher sind als andere wildlebende Vögel wie Elstern. Tauben brüten auf Balkonen und hinterlassen dort ihren Kot, wo die Familie zur Vesper zusammenkommt. Sie sitzen auf Bänken im Park, an Brunnen und in Fußgängerzonen, wo sich andere Vögel nicht blicken lassen. Dass im Zusammenleben mit Tauben besondere Hygiene gefordert ist und mögliche Krankheiten eben doch leichter übertragen werden können als von Kohlmeise oder Amsel, ist wohl unstrittig. Kundenbetreuer bei KommWohnen erinnern sich bis heute an einen Fall von Taubenzecken, der einige Jahre zurückliegt. Auf einem Dachboden tummelten sich die kleinen Spinnentiere damals zu Hunderten, fanden auch den Weg in die darunterliegende Wohnung. Keine schöne Erfahrung für alle Seiten. Ursache waren Tauben, die auf dem Dachboden gebrütet hatten.
Darum halten Vermieter wie wir an der Suche nach Lösungen des Taubenprobems fest. Arne Myckert: „Wir brauchen einen natürlichen Umgang mit Tauben. Keinen romantisierenden.“