Die SZ Görlitz hetzt seit April des vergangenen Jahres mit dem Begriff “Hartz-IV-Häuser”. Ein stigmatisierender Begriff, wie KommWohnen-Geschäftsführer Arne Myckert findet.
Im Video erklärt er, warum.
Die Brautwiesenstraße 17 und 18 sowie die Löbauer Straße 42 sind seit 2012 bzw. 2013 in KommWohnen-Eigentum. Sie wurden der Gesellschaft damals im Rahmen des Konsolidierungspakets übertragen. Bei der laufenden Komplettsanierung entstehen an der Brautwiesenstraße 20 Zwei- und Dreiraumwohnungen. In Hausnummer 18 wird ein Fahrstuhl eingebaut, über den beide Häuser erreichbar sind. Insgesamt kostet die Maßnahme etwa 3,3 Millionen Euro mit 2,2 Millionen Euro Fördermitteln.
In der Löbauer Straße 42 sind nach den Bauarbeiten zehn Zweiraumwohnungen zu haben mit bodengleichen Duschen, XXL-Balkon und einem Aufzug. Etwa 1,3 Millionen Euro (davon rund 740.000 Euro Fördermittel) kostet die Komplettsanierung in diesem Fall.
Bindung ist nicht für immer
Die hier genutzte Richtlinie Flüchtlingswohnungen (offizieller Name: “Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Inneren zur Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der Unterbringung von Asylbewerbern und anderen ausländischen Flüchtlingen im Rahmen der Programme der Städtebaulichen Erneuerung” vom März 2015) ist für zehn Jahre bindend. Das heißt, nur über diesen Zeitraum dürfen die Wohnungen nur an die avisierte Bevölkerungsgruppe vermietet werden. Also an Asylbewerber und ausländische Flüchtlinge. Oder aber, falls dafür kein Bedarf mehr besteht, an Leistungsberechtigte nach SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) oder SGB XII (Sozialhilfe). Danach stehen die Wohnungen allen Interessenten offen. Ausgerechnet diese Richtlinie ist aus mehreren Gründen für die Komplettsanierung der Brautwiesenstraße 17/18 sowie der Löbauer Straße 42 geeignet:
- Sie richtet sich an Bestandsgebäude im innerstädtischen Bereich.
- Es soll leerstehender Wohnungsbestand in Quartieren, die dauerhaft bestehen bleiben sollen, genutzt werden.
- Sie gewährt Zuwendungen zur Ersetzung des kommunalen Eigenanteils, d.h. die Stadt Görlitz hat keine zusätzlichen Kosten.
Es ergibt sich mithin kein objektiver Grund, warum ein solches Angebot des Freistaats Sachsen nicht genutzt werden sollte.
Die Alternative wäre Abriss
Für KommWohnen ist die Möglichkeit, diese Richtlinie für diese drei Häuser nutzen zu können, eine große Freude. Anders hätte die Komplettsanierung für die sehr maroden Häuser in der jetzigen Qualität nicht wirtschaftlich realisiert werden können. Schlimmer noch: Wegen ihres Zustands wären wohl nur noch Abrissanträge eine Lösung gewesen. Es ist seit Jahren ein Kummer für KommWohnen, dass aufgrund der im Landkreis Görlitz abnorm niedrigen Sätze für die Kosten der Unterkunft (KdU) für Hartz-IV-Empfänger wirtschaftliche Häusersanierungen dieser Größenordnung quasi nicht möglich sind (hier lesen Sie dazu mehr). Und das ist nicht nur für kommunale Bauherren ein Problem.
Umso unablässiger ist es, Richtlinien wie die vorliegende (RL Flüchtlingswohnungen) zu nutzen. Gerade in Görlitz ist es wichtig, sich auch noch um die vielen restlichen unsanierten Gebäude der Gründerzeit zu kümmern. Der Fassadensturz auf der Landeskronstraße 34 und der Deckeneinbruch in der Landeskronstraße 6 haben die Dringlichkeit gezeigt. Immer mehr Absperrungen aus Sicherheitsgründen auf Fußwegen können nicht das Mittel der Wahl sein. So kann es sich Görlitz einfach nicht leisten, Fördermittelangebote nicht zu nutzen. Ein hoher Eigenanteil fällt schließlich auch noch an.