
Wenn Hans-Jürgen Pruschwitz bei Hauffe-Werbung in Weinhübel vorbeikommt, muss er immer ein bisschen lächeln. Genau an dieser Stelle befand sich früher der Lehrlingshof des VEB Bau. Dort hat er in den 1950er Jahren seine ersten Handgriffe als Maurer gelernt. Es war der Beginn einer langen Zeit in diesem Beruf – in der Hans-Jürgen Pruschwitz sogar das Mehrfamilienhaus selbst mitbaute, in dem er jetzt wohnt und das zu KommWohnen gehört. Seit 52 Jahren sind er und seine Frau Helga Pruschwitz Mieter bei uns.
Und mit Beständigkeit kennen sich die beiden aus. Im kommenden Jahr feiern sie ihre diamantene Hochzeit. 60 Jahre zusammen. Sie waren 15 und 17 Jahre alt, als sie sich kennengelernt haben. Auf dem Rummel auf dem Obermarkt. Sie lachen. Schöne Erinnerungen. Heute haben sie drei Kinder, die längst ihre eigenen Wege gehen. Die Tochter lebt mit ihrer Familie und dem Enkelsohn in Bremen. Die beiden Söhne und die Enkeltochter sind in Görlitz. Einer ist beruflich in Papas Fußstapfen getreten und auch Maurer geworden. Der andere ist als Zimmerer selbstständig.
Boxende Känguruhs
Familienfotos stehen im Wohnzimmer von Hans-Jürgen und Helga Pruschwitz. Ihm fällt das Gehen schwer, einen kleinen Ausflug, wie sie es nennen, machen sie trotzdem jeden Tag. Mal nach Jauernick, den Blick auf den Berzdorfer See genießen. Oder mal nach Liebstein. Sie mögen den Blick ins Grüne, auch von ihrem Balkon aus. Von dort ist die Parkanlage des Görlitzer Tierparks zu sehen. Bis vor kurzem konnten sie vom Balkon aus die Kängurus beobachten. “Die haben manchmal richtig geboxt”, erzählt Helga Pruschwitz fröhlich. Jetzt sind sie zwei Etagen nach unten gezogen. Weniger Treppen. Aber auch weniger Überblick über die Tiere. “Wir sind trotzdem froh. Die vier Treppen machen viel aus.”
Als Umsiedlerin nach Görlitz
Helga Pruschwitz stammt ursprünglich aus Nikolausdorf/Mikulowa ein paar Kilometer östlich der Grenze in Polen. 1947 wurde sie als Dreijährige mit ihrer Familie wie so viele Umsiedler vertrieben und bei Görlitzern untergebracht. Erst auf der Uferstraße, dann auf der Krölstraße, später auf der Leipziger Straße. Sie erinnert sich an äußerst beengte Wohnverhältnisse, wie sie heute kaum mehr vorstellbar sind. Geteilte Küchen. Wasserschläuche zur Versorgung mitten durch die Wohnungen. Zu fünft haben sie als frischgebackenes Ehepaar mit ihren Eltern und dem kleinen Sohn in einer 2,5-Raum-Wohnung gelebt. Bis das zweite Kind unterwegs war. Aber so richtig luxuriös wurde es beim dritten Kind. “Da klappte es mit dem Bau hier”, sagt Hans-Jürgen Pruschwitz und zieht einen großen Kreis mit dem Arm. Seine Frau nickt. “Das war wie ein Lottogewinn für uns! Eine Wohnung mit Kinderzimmer!” Und eine Toilette, für die man die Wohnung nicht verlassen musste. Da wurden die vielen Arbeitsstunden, die für den Erwerb der Wohnung geleistet werden mussten, nebensächlich.
Im Dezember 1970 zogen sie ein. Gemeinsam mit neun anderen Familien, die zum Teil auch noch bis heute dort wohnen. Und die Hausgemeinschaft hat sich immer gut verstanden. Familie Pruschwitz hat die Urkunde aus DDR-Zeiten noch: Auszeichnung als vorbildliche Hausgemeinschaft. Von 1974.
Viel Erfahrung im Hausbau
Vor 18 Jahren sind Hans-Jürgen und Helga Pruschwitz gemeinsam in Rente gegangen. Er hatte als Meister viele Jahre die Abteilung Großgeräte beim VEB Bau mitgeleitet, an den vielen Neubauten in Rauschwalde und Königshufen mitgearbeitet. Bis er einige Jahre nach der Wende arbeitslos wurde. Da war er Ende 50. “Ich habe mich als Meister bei sehr vielen Firmen beworben. Aber nichts bekommen.” Genutzt hat er die Zeit trotzdem gut und gemeinsam mit seinem Sohn, der ebenfalls gerade arbeitslos war, am Haus des anderen Sohns gebaut. Beide sind ja vom Fach. Helga Pruschwitz war viele Jahre lang Sekretärin in der kirchlichen Verwaltung. Eigentlich gelernte Stenotypistin, blieb sie der drei Kinder wegen einige Jahre zuhause. Dann die Stelle bei der Kirche. “Das hat mir gefallen.”
Schatz an junge Familie verkauft
Jetzt läuft das Leben ruhiger. Vor sieben Jahren haben die beiden ihren Garten an der Liebighöhe verkauft. Sehr viel Zeit verbrachten sie in all den Jahren dort. “Der Garten war unser Hobby”, sagt Hans-Jürgen Pruschwitz. Ein kleines Grundstück mit einer massiv gemauerten Laube – natürlich. Die Parzelle lag abseits vom Hauptweg, sodass sie mit dem Auto nicht heranfahren konnten. Alles wurde mit der Schubkarre hingeschafft, von der Grillkohle bis hin zu allem Baumaterial für die Laube. “Wir haben den ganzen Sommer über im Garten gewohnt, das war herrlich.” Nette Nachbarn, abends oft gemeinsames Grillen und Beisammensein. Doch nun ist die Gartenarbeit zu anstrengend geworden. Sie haben ihr Sommerheim einer Familie verkauft. Kein leichter Schritt. Aber: “Die kümmern sich gut drum”, sagt Helga Pruschwitz und zeigt Fotos, die sie von ihrem Garten bekommen haben. “Es sind gute Nachfolger.”
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