
Bald ist es wieder soweit: In Görlitz startet die nächste Staffel vom Probewohnen. Ab Frühsommer kommen dann wieder handverlesene Teilnehmer nach Görlitz, um zu testen, ob die Stadt ihr neuer Lebensmittelpunkt sein könnte. Seit fast zehn Jahren koordiniert das IÖR als wissenschaftliches Institut gemeinsam mit lokalen Partnern wie KommWohnen die einzelnen Projektstaffeln. Schon 2007 in Görlitz entstanden und als Modellprojekt gestartet, greift die Idee auch in anderen Regionen immer mehr um sich. Brandenburg macht mächtig Dampf in Sachen Einwohnergewinnung. Nicht nur, dass das Land Ende 2024 die Brandenburger Zuzugswochen durchführte, in denen mehrere Städte wie Wittenberge, Calau oder Spremberg zu Kennenlernaktionen einluden. Es gibt auch immer mehr Städte, die ein Probewohnen anbieten. Wir haben uns mal umgehört.
Guben: Rund 20 Prozent sind geblieben
In Guben lief im vergangenen Sommer erstmals ein Probewohnen. Zwei bis vier Wochen konnten die Teilnehmer bleiben. Rund 30 haben es genutzt, Alleinstehende, Paare, Familien. „Es lief gut, wir sind insgesamt zufrieden“, sagt Linda Geilich, Koordinatorin der Initiative „Guben tut gut“. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung und der Gubener Wohnungsgesellschaft mbH (GuWo) wurde den Teilnehmern eine Wohnung zur Verfügung gestellt.
Und tatsächlich: Drei Teilnehmer sind letztlich nach Guben gezogen. Hinzu kommen weitere, die durch die mediale Berichterstattung über das Probewohnen von Guben gehört und die Stadt auf eigene Faust entdeckt haben. „Da hatten wir wirklich Glück“, sagt Linda Geilich. Zudem macht eine der Zugezogenen aus Berlin auf ihrem Instagram-Profil gut Werbung für Guben.
Die Willkommensagentur in Brandenburg ist gut vernetzt, sagt die Koordinatorin. Es gab schon Pendleraktionen, Rückkehreraktionen etc. „Brandenburg hat eine sehr vielfältige Landschaft von der Lausitz bis in die Uckermark. Und wir sind als Guben noch im Dunstkreis von Berlin.“ Die Kleinstadt hat seit der Wende die Hälfte ihrer Einwohner verloren. Angesichts steigender Mieten in der Hauptstadt und um sich greifender Homeoffice-Jobs wuchs der Gedanke, Werbung für die Region an der deutsch-polnischen Grenze zu machen.
Und nach dem Erfolg des ersten Durchgangs soll in diesem Jahr der zweite folgen. Von August bis Oktober 2025 sind wieder Menschen nach Guben eingeladen. Diesmal sollen sie nicht nur zum Schauen kommen, sondern in der Stadt auch eine Aufgabe bekommen. Welche genau das sein könnte, wird in Guben gerade diskutiert.
Wittenberge: Wohnen und Arbeiten in Community-Wohnungen
Schon im Sommer 2019 startete in Wittenberge ein Projekt für Digital- und Kreativarbeiter, die ihrem Beruf ortsunabhängig nachgehen können. 20 Teilnehmer waren eingeladen, die Stadt für ein halbes Jahr kennenzulernen und in einem eigens eingerichteten Co-Working-Space zu arbeiten. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft WGW stellte vergünstigten Wohnraum zur Verfügung. Und wie die „Elblandwerker“, die sich aus dieser Community gegründet haben, auf ihrer Internetseite berichten, hat das Modellprojekt funktioniert. Viele Teilnehmer sind in Wittenberge geblieben und haben sich mit anderen Kreativen vernetzt. Auch den Co-Working-Space gibt es nach wie vor. Interessierten stehen die Community-Wohnungen bis heute zur Verfügung, um ein Wohnen auf Zeit in Wittenberge zu testen.
Frankfurt/Oder: Teilnehmer machen selbst viel Werbung
Die kommunale Wohnungswirtschaft Frankfurt/Oder GmbH hat gemeinsam mit dem dortigen Stadtmarketing von September 2021 bis Dezember 2022 ein Probewohnen durchgeführt. „Es lief sehr sehr gut“, sagt Manja Koschker, Pressesprecherin des Wohnungsunternehmens. Mit enger Betreuung hatten 20 Teilnehmerparteien (Paare, Familien und Alleinstehende) vier Wochen lang Zeit, Frankfurt/Oder zu entdecken. Der Clou: Die Initiatoren konnten wegen der Vielzahl der Bewerbungen aus ganz Europa Teilnehmer auswählen, die medial mittels Internet selbst Werbung für das Projekt machten. „Dieses Storytelling war der Aufhänger. Über Social Media haben die Teilnehmer ihre Geschichten erzählt.“
Und sie waren offenbar begeistert. Aus der Gruppe der 20 Teilnehmer sind am Ende sechs Mietverträge für die Wohnungswirtschaft entstanden. Und sie haben bis heute Bestand, wie Manja Koschker sagt. Also wird es bald eine Neuauflage des Probewohnens geben? „Das kommt darauf an, ob sich andere Vermieter der Stadt einbringen möchten. Fürs Probewohnen sind möblierte Wohnungen notwendig, und davon gibt es nicht allzu viele leerstehende in Frankfurt.“ Die Wohnungswirtschaft selbst habe derzeit keine für ein solches Projekt.
Eisenhüttenstadt: Probewohnen soll 2025 erstmals stattfinden
Erfahrungen, vor denen Eisenhüttenstadt noch steht. Dort wollen Stadtmarketing und Eisenhüttenstädter Gebäudewirtschaft GmbH in diesem Jahr erstmals ein Probewohnen durchführen. Geschäftsführer Oliver Funke hat es in einem Medienbericht schon vor einer ganzen Weile angekündigt, nun soll es losgehen. Die neu gebaute Tesla-Fabrik mit zehntausenden Arbeitsplätzen plus nachfolgenden Zuliefererbetrieben geben auch Eisenhüttenstadt einen Schub, so die Hoffnung. Einen Monat lang könnten Interessierte das vorab testen.
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