Die Gartenmöbel sind weggeräumt, Früchte geerntet, Bäume verschnitten, das Wasser abgedreht: Die Görlitzer Kleingartenanlagen befinden sich in der Winterruhe. Und mancherorts ist es die Ruhe nach einem kleinen Sturm. Denn der Niederschlesische Kleingärtnerverband hat in mehreren Sparten mächtig gewirbelt. „Wir haben viel geschafft dieses Jahr“, sagt Sven Umlauft, Vorsitzender des Niederschlesischen Kleingärtnerverbands. „Wir haben für die Entfernung unzulässiger Gehölze gesorgt und Ordnung in die Unterlagen und Abrechnungen der Vereine gebracht.“ Ein paar „schwarze Schäfchen“ seien dabei in einigen Sparten auch entdeckt worden. Nicht alle zahlen pünktlich ihre Pacht. Und nicht alle halten sich an die Vorgaben des Bundeskleingartengesetzes. „Es war viel Arbeit, auch schon in den beiden Jahren davor“, sagt Sven Umlauft. „Aber jetzt ist es geschafft, und ich habe endlich ein großes Lagebild.“
Vereine über die Görlitzer Grenzen hinaus dabei
Der Verband bündelt die einzelnen Kleingartenvereine unser seinem Dach. 107 sind es derzeit, neben Görlitz auch in Niesky und dem Umland. Insgesamt zählt er 5.240 verpachtete Parzellen. Zum Verband gehören elf ehrenamtliche Personen (Vorstand) sowie drei hauptamtliche Mitarbeiter. „Ein tolles Team“, lobt Sven Umlauft, der im Herbst 2022 den ehrenamtlichen Vorsitz übernommen hat. Der Verband fungiert als eine Art Vermittler, Verwalter und Dienstleister zwischen den Kleingärtnern und den Grundstückseigentümern. Letzteres sind zum größten Teil die Stadt bzw. KommWohnen.
Neuer Vorstand musste aufarbeiten
Wegen des früheren schwächer besetzten Vorstands gab es im Verband etliche Versäumnisse in den vergangenen Jahren. Vor allem in den schriftlichen Unterlagen fehlte vieles, heißt es. Das musste die neue Führung nun erst einmal aufarbeiten. Und es war kein Schnellschuss. Schließlich rede man von 5.240 Unterpachtverträgen und rund 100 Vereinsbegehungen. Inzwischen seien die meisten Lücken geschlossen, und der Verband als übergeordnetes Gremium habe einen Überblick über die Bewirtschaftung der einzelnen Gärten.
Wichtige Vorbereitungen, um das derzeitige Hauptproblem der Kleingartenanlagen anzugehen: der hohe Leerstand der Parzellen. Und mit diesem möchte der Verband die einzelnen Kleingartenvereine nicht allein lassen. Oft können sie die leeren Gärten aus eigener Kraft nicht neu vergeben. Manche waren in so verwildertem Zustand, dass mit Tatkraft und finanziellen Mitteln erstmal Ordnung gemacht werden musste. Unzulässige Gehölze waren dabei eines der kleineren Probleme.
Auf der Suche nach Pächtern
Dann ging es an die Vermarktung. Auf der Homepage des Verbands können Interessierte sich durch eine ganze Reihe von leerstehenden Kleingärten klicken. Für alle gibt es mehrere Fotos mit Angaben zu Lage, Größe und Ausstattung. Die Listen sind nach Stadtteilen sortiert, sodass eine gute Übersicht vermittelt wird. Auch im sozialen Netzwerk Facebook stellt der Verband auf seinem Profil unregelmäßig einen Garten vor, der zu haben ist. Immer mehr Vereine richten sich ebenfalls ein Profil dort ein und verbreiten die Infos weiter.

Parallel organisierte der Verband im Frühjahr sogenannte Wandertage. In Gruppen ging es durch ausgewählte Kleingartenanlagen, wo die leerstehenden Parzellen präsentiert wurden – in der Hoffnung, auf diesem Wege einen neuen Pächter zu finden. „Die Nachfrage ist nach wie vor sehr hoch“, sagt Verbandschef Umlauft. „Aber in diesem Jahr gelang die Neuvergabe nur sehr sporadisch, da viele der leeren Gärten noch in einem zu schlechten Zustand waren. Das tut sich keiner an.“
Jetzt, nach der Aufräumaktion über den Sommer, haben alle leeren Gärten laut Sven Umlauft einen vernünftigen Rasen, umgegrabene Beete und eine dichte Laube. „Nächstes Jahr starten wir dann richtig in die Vermarktung und machen die Anlagen wieder voll“, meint er fröhlich. Die Zusammenarbeit mit den einzelnen Kleingartenvereinen laufe gut, das Interesse unter den Görlitzern sei groß, er ist also optimistisch.
Schließungen von Kleingartenanlagen nicht vorgesehen
Seinen Enthusiasmus entnimmt er auch einem Zusammentreffen zwischen der Spitze der Görlitzer Stadtverwaltung und übergeordneter Kleingartengremien mit Beirat, Görlitzer Gärtnern und Politikern. Im September kamen diese in Görlitz zusammen, um über die Zukunft des Kleingartenwesens zu sprechen. „Schon nach wenigen Minuten war klar: Hier geht es nicht um Nebensächlichkeiten, sondern um ein echtes Stück Lebensqualität für die Stadt“, schreibt Sven Umlauft danach in einem Artikel. Denn nicht nur für ihn liegen die Vorteile von Kleingärten auf der Hand: Natur und Erholung mitten in der Stadt, regionaler Anbau von Obst und Gemüse, Bewegung an der frischen Luft, Förderung von Zusammenhalt und Gemeinschaft, Traditionspflege über Generationen hinweg, Lebensräume für Insekten, Vögel und Pflanzen.
Und es wurde bei dieser Zusammenkunft wieder von den Beteiligten deutlich gemacht: Schließungen von Kleingartenanlagen sind nicht vorgesehen. Kein Pächter muss sich Sorgen um seine grüne Oase machen.
Solche Sorgen kommen immer wieder auf, da der Verkauf der städtischen Kleingartenanlagen an KommWohnen noch immer läuft. Die Sparten werden paketweise übertragen, über Jahre hinweg. Ende September stimmte der Görlitzer Stadtrat über den Verkauf der nächsten Kleingartenanlagen ab. Wie schon in mehreren Beschlüssen zuvor wurde der Verkauf an KommWohnen mit großer Mehrheit beschlossen. Und ebenfalls wie zuvor brandeten während der Sitzung wieder Sorgen auf, dass die Grundstücke der Kleingärten künftig als Eigenheimstandorte oder für andere Zwecke umgewidmet werden könnten und die Gärtner ihre Parzellen aufgeben müssten.
Und ebenfalls wie immer beim Lautwerden solcher Sorgen sagt KommWohnen-Geschäftsführer Arne Myckert: „Wir treten nur in die Fußstapfen der Stadt. In unserem Kern sind wir eine Liegenschaftsverwaltung, und jetzt ist der Unterschied nur, dass der Sachbearbeiter bei der Verwaltung der Parzellen wechselt.“
Auch der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu wies in der Stadtratssitzung noch einmal darauf hin, dass KommWohnen die Grundstücke nicht im Alleingang umwidmen könne. „Das geht nur mit einem Stadtratsbeschluss. Also nur durch Sie“, sagte er in Richtung Stadtrat, aus dem die Bedenken geäußert wurden.
Mithin: Es bleibt alles beim Alten.
Spendenaktion läuft
Die Stadt Görlitz und KommWohnen fördern die Kleingartenvereine jährlich mit Refinanzierungsmitteln, damit verwilderte Parzellen wieder in einen gepflegten Zustand gebracht werden können. Mancherorts sind viele oder umfassende solcher Arbeiten nötig. Zudem ist die Entsorgung asbestbelasteter Lauben teuer. Und sollte eine Parzelle gar nicht mehr vermitelbar sein, müsse sie zurückgebaut werden, beispielsweise zugunsten einer Gemeinschaftsfläche, Schulgärten oder Projektgärten.
Darum hat der Kleingartenverband vor über einem Jahr im Internet eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Sie läuft nach wie vor, da erst knapp ein Fünftel der angestrebten Summe von 5.000 Euro zusammengekommen ist. Sven Umlauft macht gern Werbung für die Spendenaktion, da selbst sehr kleine Beträge helfen. Seit diesem Jahr besteht zudem eine Kooperation mit der Eisdiele am Büchtemannhaus. Eisiger Genuss für den guten Zweck sozusagen. Darum soll die Spendenaktion weiterlaufen. Sven Umlauft hofft, dass sie im nächsten Jahr wieder Fahrt aufnehmen wird. Dann kann er den ersten Spendern mit den aufgeräumten Gärten klar zeigen, wofür ihr Geld verwendet wurde. „Und dann können wir die kommenden Summen auch viel gezielter einsetzen.“
Wer sich an der Spendenaktion für den Erhalt der Kleingartenanlagen beteiligen möchte, findet hier die Kontodaten:
Niederschlesischer Kleingärtnerverband e.V.,
IBAN: DE 93 8505 0100 0232 0817 00
