
Wie könnte man sein Geschäft besser beschreiben? “Wir verkaufen Produkte für Menschen, die sich gern mit schönen Dingen umgeben.” Carmen Heinrich lächelt. Entspannt und zufrieden steht sie in ihrem Laden “La luna d’oro” am Klosterplatz. Gemeinsam mit ihrem Mann Roberto Heinrich verkauft sie dort Leinentextilien: Tischdecken, Taschentücher, Servietten, Handtücher, Vorhänge, Bettwäsche. So edel, dass Laien die Handtücher wohl als Tischdeckchen oder Platzset verwenden würden. Carmen Heinrich lacht. “Ja, mit diesen Produkten muss man sich schon ein bisschen beschäftigen.”
Schöne Träume in Leinen
Tatsächlich sind 40- bis 60-Jährige Hauptkunden im Leinenkontor. Menschen, die Leinentextilien aus ihrer Kindheit kennen. Oder von den Großeltern. Und solche Menschen, die nachhaltige Produkte kaufen wollen. Dinge, die viele Jahre lang schön bleiben und deren Preis sich damit auch rechtfertigt. Mitten im Laden steht ein großer Esstisch, liebevoll gedeckt mit Leinenservietten und blitzendem Geschirr. Und ja, in der Tat: ein ganz anderes Bild als der schnelle Familientisch zuhause. Auch wenn Heinrichs ihren Tisch im heimischen Wohnzimmer nicht immer so festlich gestalten, ins Schlafzimmer kommt nur noch Leinenbettwäsche. “Man schläft da einfach ganz anders drin”, sagt Roberto Heinrich.
Stoffe begleiten sie schon fast ihr ganzes Leben lang. Beide sind Textilingenieure. In Hirschfelde haben sie sich vor mehr als 40 Jahren kennengelernt, wo sie beide im VEB Vereinigte Leinenindustrie arbeiteten. “Dort hatten wir unseren ersten Kontakt mit Leinen. Und sind auch mit der Region schon lange verbunden.” Bis zur Wende haben Heinrichs im Textilgroßhandel in Cottbus gearbeitet und sind dann nach Ostwestfalen gezogen. Dort hat er sich mit Fördertechnik befasst – thementreu, denn Arbeitsorte waren große Bekleidungshäuser. Später gründete er ein eigenes Ingenieurbüro, arbeitete in Österreich und Deutschland. Bis der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers und die folgende Wirtschaftskrise auch sein noch junges Unternehmen in den Abgrund riss, sagt Heinrich. Seine Frau hat nach dem Wechsel in die alten Bundesländer eine Umschulung zur Steuerfachangestellten gemacht, was den beiden bis heute für die Bürokratie im eigenen Laden hilft.
Italien inspiriert
2011 kam der Bruch sozusagen. Weg von Maschinen und Anlagen, hin zum eigenen Geschäft. Ein Urlaub in Italien brachte die Inspiration, erzählen die beiden. Dort gibt es viele Leinenwebereien. Die feinsten Stoffe, die sie dort fanden, bezeichnen die Italiener als “gewebtes Mondlicht”. So war der Name für das eigene Geschäft gefunden: “La luna d’oro”, “der goldene Mond”. Staunend und zutiefst inspiriert wanderte Familie Heinrich damals durch Italien. Der Gedanke ließ sie nicht mehr los. Es folgten Messebesuche in ganz Europa und 2011 schließlich die Eröffnung des Leinenkontors in Gütersloh. Laden und Paar zogen dann 2014 nach Görlitz. Erst an der Nikolaistraße, hat der “Goldene Mond” sein neues Domizil seit diesem Jahr am Klosterplatz. Übrigens genau dort, wo Sohn Oliver Heinrich Anfang 2019 seine Agentur “Rocketman and bear” eröffnet hatte. Nach und nach ist so fast die ganze Familie nach Görlitz gekommen.
Und geht es nach Carmen und Roberto Heinrich, bleibt es Görlitz auch für die nächsten Jahre. Sie fühlen sich sehr wohl. Produkte von über zwei Dutzend Lieferanten verkaufen sie hier bzw. von hier aus im Internet. Viele der Produzenten haben sie bei ihren Besuchen auf Messen persönlich kennengelernt. “Der Umgang mit ihnen macht uns großen Spaß!”, sagt Roberto Heinrich. Jede Weberei hat ihren eigenen Stil. Was jedoch einheitlich sein soll, sind die Qualitätsanforderungen, das Vorhandensein eines Qualitätssiegels, das sich “Master of linen” nennt. Auch Handtücher von Frottana und Möve aus Großschönau liegen in den langen Regalen am Klosterplatz. Küchentücher aus der Leinenweberei in Neukirch, Frottee aus Großschönau und Tischläufer sind der Verkaufsschlager. “Und vieles in blau”, sagt Carmen Heinrich lachend. “Die Kunden mögen blau sehr. Ich kann’s ja gar nicht so recht verstehen. Aber da’s so sein soll, bestelle ich jetzt laufend Blaues nach.” Vielleicht fühlen sich Heinrichs dann irgendwann wie auf dem blauen Mond…