KommWohnen-Geschäftsführer Arne Myckert blickt zufrieden auf das vergangene Jahr zurück. Im Interview spricht er über große Wohnungen für Familien, Dreharbeiten, Überraschungen im Hafen Görlitz und das Einmischen in Diskussionen.
Herr Myckert, mögen Sie Weihnachten?
Ja, sehr. Unser Kleinster ist zweieinhalb Jahre alt. Jetzt kommen die ersten Weihnachten, die er auch so erlebt, dass er das zuordnen kann. Im familiären Kreis finde ich Weihnachten sowieso toll. Dazu die Begeisterung, die kleine Kinder an den Tag legen. Da ist Weihnachten ein ganz besonderes Fest, das ich genieße.
Sie können ja auch als KommWohnen-Geschäftsführer auf ein erfolgreiches Jahr zurückschauen mit aktuell gleich mehreren Großbaustellen im Gesamtvolumen von mehr als 11 Millionen Euro. Behält KommWohnen dieses Tempo bei?
Das hängt von mehreren Faktoren ab. Einer ist, dass wir natürlich schauen müssen, was uns die Marktsituation erlaubt. Welche Produkte nachgefragt werden und ob wir so weitermachen können. Das Andere ist, welche Aufgaben die Stadt als Gesellschafter für uns vorsieht. In der Vergangenheit konnten wir uns immer sehr auf das Geschäft des Bauens konzentrieren. Es kann aber sein, dass auch mal andere Aufgaben in den Fokus gerückt werden. Und da sind wir natürlich nicht unendlich leistungsfähig. Wir sind immer sehr bemüht, alte und neue Gebäude für Alt und Jung anzubieten und allesamt gut zu versorgen. Das gelingt uns auch ganz gut. Es kann aber sein, dass mal ein Sonderthema kommt, das mehr Kapazitäten bindet, weil‘s vielleicht nicht so wirtschaftlich ist. Da gibt es für die Zukunft noch viele Fragezeichen, sodass ich es nicht komplett einschätzen kann.
Also wird 2020 ganz im Zeichen der schon begonnenen Komplettsanierungen stehen, die beendet werden müssen.
Kurzfristig ändert sich natürlich nichts an der Strategie. Es sind so viele Projekte im Entstehen, die jetzt auch umgesetzt werden. Da bleiben wir natürlich am Ball.
Was schon fertig ist und das Titelbild dieses Mieterjournals ziert, ist das Familienwohnhaus am Hirschwinkel mit seinen Bewohnern. Sind Sie zufrieden damit?
Ja. Ich finde, es ist schön geworden. Und ich bin froh, dass wir diesen Standort jetzt auf Dauer von allen möglichen Nutzungsvarianten auf ein Thema festgelegt haben. Das war ja kurz etwas stärker in der Diskussion. Also ob es genügend Wohnungen für Familien gibt. Wir haben das Gefühl, ja, es gibt sie, und es hat ja auch ein bisschen gedauert, bis die Wohnungen am Hirschwinkel vermietet waren. Es ist gut, dass wir über die Stadt verteilt diese Angebote haben, auch wir als KommWohnen. Und natürlich ist es schon cool, in unserem Portfolio einen solch malerischen Standort zu haben, wo man auf dem Balkon das Gefühl hat, unter einem fließt die Neiße entlang.
Familienwohnen wird also ein großes Thema bleiben für KommWohnen?
Das war es ja schon immer. Mit der Albrecht-Thaer-Straße haben wir schon vor Jahren einen ganzen Standort nur für die Perspektive Familienwohnen weiterentwickelt. Dort haben wir in Einzelfällen schon Wohnungen zusammengelegt, um das zu optimieren. Wir haben die Außenanlagen immer weiter entwickelt, auch Mietergärten angelegt, damit junge Familien eine schnelle Spielmöglichkeit haben, ohne mit Sack und Pack zum Spielplatz ziehen zu müssen. Das ist mit kleinen Kindern ja manchmal kompliziert. Da ist man froh über einen kleinen Garten, wo man einen kleinen Sandkasten aufstellen kann. Bei solchem Aufwand, den wir betreiben, haben wir immer die Familien im Fokus, und das schon all die vergangenen Jahre. Deswegen ist es für uns kein neues Thema, aber eines, das spannend bleibt und wo sich Anforderungen gelegentlich ändern.
2019 war KommWohnen weniger in der öffentlichen Diskussion, es gab weniger polarisierende Themen. Mögen Sie das oder wollen Sie lieber mehr in die Stadtentwicklung eingreifen können?
Mir ist es viel lieber, dass wir in Ruhe unsere Arbeit machen können. Rückwirkend betrachtet ist ja immer wieder die Frage, ob sich der Geschäftsführer von KommWohnen zu Stadtentwicklungsfragen äußern muss. Wir sind aber davon betroffen. Und immer wenn Erwartungen mit Voraussetzungen verknüpft sind, die außerhalb unseres Wirkens liegen, ist es schwierig, dies auch zu erfüllen. Dann habe ich mich in der Vergangenheit geäußert. Aktuell gab es keine solche Fragestellungen. Was sicher auf uns zukommt, ist die Entwicklung der östlichen Gründerzeit in der Innenstadt, die offenbar so viele wollen. Aber man muss schauen, welche Hemmnisse es da gibt. Das eine sind Ruinen, wo es sich natürlich nicht so schön wohnt. Die Frage der Infrastruktur kann eine weitere sein. Aber wir haben ganz viele Beispiele für Quartiere, wo keine Schulen und Kindergärten sind und die trotzdem super nachgefragt sind. Ich glaube, dass das Wohnen an Straßen mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen deutlich schlechter nachgefragt ist. Wir erleben das vereinzelt an Lagen, wo durch Baumaßnahmen der Verkehr zum Ruhen gekommen ist. Wir konnten gut vermieten, wo es später, als der Verkehr wieder rollte, deutlich schwieriger war. Die Ecke Hirschwinkel/Rothenburger Straße ist solch ein Beispiel. Die Görlitzer Mietinteressenten reagieren da sehr sensibel. Meiner Meinung nach ist der Verkehr in der Innenstadt stärker als in vergleichbaren Städten. Ich glaube, wenn wir es schaffen, den Durchfahrtsverkehr aus den Quartieren heraus zu bekommen oder deutlich zu reduzieren, steigt die Aufenthaltsqualität.
Deutschland Test und Focus Money haben KommWohnen im Herbst auf die Liste der besten Unternehmen gesetzt. Was bedeutet Ihnen so etwas?
Es ist interessant. Es gibt ja alle möglichen Varianten, wie die Arbeit bewertet wird. Hier scheint es ja eher um Breitenwirkung zu gehen. Also wie wird die Arbeit wahrgenommen, wie bewegen wir uns medial und wie schlüssig ist unser Konzept, eine Marke zu sein. Dass wir da gut abgeschnitten haben, freut mich. Aber wichtiger sind Bewertungen unserer Mieter. Das finde ich spannender, und über Positives freue ich mich dann viel mehr.
Thema Hafen: 2019 war das erste komplette Jahr mit KommWohnen als Hafenbetreiber. Lief es gut?
Ja, unglaublich. Wir haben uns anfangs gar nicht richtig getraut, Werbung zu machen, weil wir uns noch als suchend empfunden haben und gucken wollten, ob unser Angebot vernünftig ist. Und hatten schon an den Wochenenden in Februar und März so viele Gäste, wie wir nie gedacht hätten. Da war nichts mit erstmal probieren, denn mit einem Mal waren die Menschen da und haben es offensichtlich ganz nett gefunden, bei einem Spaziergang dort Pause zu machen. Nie im Leben hätte ich so viele Besucher im ersten Jahr erwartet. Das finde ich sensationell, großes Lob an unser Team. Dass sie sich so oft als Fels in der Brandung erwiesen haben, finde ich bemerkenswert. Wir haben auch jetzt in der Nebensaison am Wochenende weiter geöffnet, während Andere am See ganz zugemacht haben. Und wir nehmen die Eindrücke aus 2019 mit in die Planung fürs nächste Jahr und machen uns Gedanken, wie wir Kapazitäten vergrößern können.
Da treibt Sie der Ärger aus dem Frühjahr um den Verbleib des Segelstützpunkts an der Blauen Lagune nicht mehr so um?
Die Leute kommen schon ins Hafencafé, weil‘s am Hafen ist. Und natürlich steigert Schiffsverkehr die Attraktivität. Nun hatten wir 2019 nach mehreren Jahren mal wieder eine erhebliche Steigerung bei den vermieteten Liegeplätzen, was positiv ist. Aber natürlich muss langfristig das Ziel sein, dass wir alle Schiffsbewegungen dort sichtbar haben. Deswegen ist der Plan mit der Stadt nach wie vor, einen Jollenstützpunkt am Hafen zu errichten.
Apropos Parkplatz: Derzeit entstehen sehr viele neue Parkplätze im Stadtgebiet. Wie kommt das?
Eigentlich haben wir schon vor zehn Jahren begonnen, unsere Aktivitäten dahingehend auszuweiten. Damit unsere Mieter die Möglichkeit haben, in der Nähe ihrer Wohnung ihr Auto zu parken. Jetzt ist die Elektromobilität als neue Dimension dazugekommen. Wir beschäftigen uns damit schon eine Weile. Inzwischen wird sie breiter diskutiert und auch bezahlbar. Qualitätsmarken wie VW bieten inzwischen Autos für ca. 15.000 Euro an mit immerhin 200 Kilometern Reichweite. Also durchaus stadttauglich und ausreichend fürs Umland. Und darauf müssen auch wir uns vorbereiten. Wenn Mieter sich Elektroautos kaufen, brauchen sie Parkflächen zum Aufladen.
KommWohnen hat seit Kurzem einen neuen Aufsichtsrat. Welche Erwartungen haben Sie an die Mitglieder?
Der Aufsichtsrat ist ja ein Gremium, das die Arbeit der Geschäftsführung begleitet und durchaus auch kontrolliert. Das aber auch Impulse bringt. Dieser Austausch hat in der Vergangenheit immer ganz hervorragend funktioniert und dazu geführt, dass wir so erfolgreich waren. Und natürlich wünsche ich mir, dass wir auch mit dem neuen Aufsichtsrat so konstruktive Sitzungen haben. Und darüber hinaus immer wieder Gesprächstermine finden, die uns helfen, KommWohnen weiter so erfolgreich zu entwickeln und einen Beitrag zur Stadtentwicklung zu leisten. Dafür ist unsere Gesellschaft da. Wir sind eine 100-prozentige kommunale Gesellschaft und müssen als solche ganz stark darauf achten, wie das, was wir tun, nützlich im Gesamtzusammenhang mit der Stadt sein kann.
Auch Projekte, an denen KommWohnen eher am Rande beteiligt ist, laufen gut, zum Beispiel das Probewohnen. Wie nehmen Sie die veränderte Ausrichtung des aktuellen Durchgangs wahr?
Aus meiner Sicht findet eine deutlich geringere mediale Wahrnehmung statt. Probewohnen früher war leichter zu erzählen, kompakter mit einer Woche Aufenthalt in Görlitz. Viele Boulevardmagazine haben darüber berichtet. Jetzt für „ Stadt auf Probe“ mit seinem Hausstand für einen Monat in eine andere Stadt zu ziehen und seine Arbeit dort mit Kooperationspartnern so fortzuführen wie zuhause, ist ein ganz anderer konzeptioneller Ansatz. Komplizierter und natürlich mit viel weniger Teilnehmern aufgrund der längeren Aufenthaltsdauer. Und in vier Wochen ergibt sich von der Stadt, in der ich lebe, natürlich ein viel differenzierteres Bild. Wenn ich eine Woche da bin, kann ich mit Schlaglichtern erläutern, was ich wahrgenommen habe. Eindrücke lassen sich ganz schnell wiedergeben, wie die schöne historische Stadt zum Beispiel. Ganz prägnant, leicht zu kommunizieren. Wenn Haushalte für einen ganzen Monat in die Stadt kommen, sind die Eindrücke stärker alltagsgeprägt. Natürlich ist die Stadt dann immernoch schön, aber hohe Bordsteinkanten und Kopfsteinpflaster sind vielleicht eher doof, wenn man Fahrrad fährt. Oder Kinderwagen schiebt. Und genau diese Alltagsbetrachtung hat uns bislang immer etwas gefehlt in den Auswertungen. Ich glaube, dass wir jetzt noch mehr daraus ziehen, welche Stärken und Schwächen Görlitz hat. Wenn wir klug mit diesen Ergebnissen umgehen, schaffen wir es vielleicht, die Attraktivität der Stadt dadurch noch etwas weiter zu erhöhen.
Zumindest Filmleute sind schon überzeugt. KommWohnen-Objekte waren 2019 wieder mehrfach Drehort. Ein Team hat sogar für mehrere Monate zwei Wohnungen gemietet. Ist dieses Filmdrehen für Sie eher Lust oder Last?
Eindeutig Lust. Ich finde das total spannend und freue mich jedes Mal, wenn ich die Cateringwagen sehe und die großen Wohnmobile für die Darsteller. Es ist ja offensichtlich, dass Görlitz eine tolle Kulisse bietet und dass es aktuell so stark in Filmproduktionen einbezogen ist, dass wir einen Teil der Kulisse bieten dürfen, das wird der Stadt gerecht. Und es macht natürlich auch Lust auf Görlitz, wenn die Herkunft der Bilder bekannt ist. Was kann man sich Schöneres als Werbung für die Stadt, in der man lebt und arbeitet, wünschen, als dass tolle Aufnahmen davon durch die ganze Welt gehen.
Fotos (2): Lupa Film
Was ist Ihr größter Wunsch für 2020?
Dass wir es nach der anstregenden Zeit des Wahlkampfs schaffen, alle gemeinsam die Entwicklung von Görlitz voranzubringen und uns alle gemeinsam in den Dienst der Stadt stellen, um vielleicht noch mehr Entwicklungsfortschritte zu erzielen als uns das in der Vergangenheit gelungen ist.