Sabrina Gabriel wusste es schon als kleines Kind. “Wenn ich groß bin, kauf’ ich mal so ein Haus und mach’ es wieder schick!”, hat sie bei einem Spaziergang mit ihren Eltern durch die Görlitzer Altstadt gesagt. Und nun, gut 20 Jahre später, ist sie auf dem besten Weg dahin. Im Haus Brüderstraße 9 untersucht sie derzeit die Holzbalkendecke des früheren Repräsentationssaales. Diese ist kaum noch zu sehen, verdeckt von später eingezogenen praktischeren, zeitgemäßeren Decken. Aber für Sabrina Gabriel wurden Teile davon geöffnet – alles für den Dienst der Wissenschaft.
Die gebürtige Görlitzerin schreibt nämlich ihre Masterarbeit zum Thema Repräsentationssaal des Görlitzer Hallenhauses. Und die Brüderstraße 9 ist für sie das perfekte Beispiel. “Ich hatte noch ein Haus auf dem Obermarkt zur Auswahl. Aber das hier hat mir besser gefallen. Die Holzbalkendecke hat den Ausschlag gegeben.”
Wandmalerei als Schwerpunkt
Seit Anfang Februar kommt Sabrina Gabriel regelmäßig her, untersucht, fotografiert, macht Probereinigungen mit verschiedenen Methoden. Im dunklen Holz sind schon mehrere hellere Flecke Zeuge ihrer Arbeit. Die Reinigung mit einem speziellen Laser hat gute Ergebnisse gebracht, beschädigt aber die blaue Farbe in den Malereien zu sehr, berichtet sie, ganz in ihrem Metier. Konservierung und Restaurierung studiert sie an der Fachhochschule Erfurt, hat sich für den Studienschwerpunkt “Wandmalerei und Architekturfassung” entschieden. Die Masterarbeit ist jetzt der krönende Abschluss. Bis Ende Mai ist Zeit.
Warum ist die Decke schwarz
An einer Stelle der großen Holzbalkendecke arbeitet sie schon, eine zweite wartet. Verdreckt ist diese noch, Laien denken sogar an Schimmel. Aber die Fachfrau winkt ab. Schimmel sei das nicht, und nach der Reinigung sehe es ganz anders aus. Dann will sie auch herausfinden, warum die Holzdecke so schwarz ist. Stand ein Ofen im Raum? Gab es ein Feuer im Haus? Wurden die bunten Farben absichtlich mit Ruß übermalt, als sich der Geschmack der Bewohner änderte?
Antworten, die sie in ihrer Masterarbeit finden will – verbunden mit Ideen, wie die historische Decke in Zukunft präsentiert werden könnte. Aktuell ist sie in zwei Räume aufgeteilt. Sie komplett sichtbar zu machen, hieße, eine Zimmerwand zu entfernen, Grundrisse zu verändern. Gespräche dazu folgen. Das Haus gehört zu KommWohnen, ein Großteil samt Hinterhaus wird vom Görlitzer Kulturservice und als Kunstgalerie genutzt. Wenn die Ausstellung zu Hallenhaus und Welterbe im April öffnet, können Besucher Sabrina Gabriel bei der Arbeit sogar über die Schulter schauen. Anfang Mai soll die Holzbalkendecke schon ganz anders aussehen, sagt sie.
Keine Sorgen für die Zukunft
Und dann, nach ihrem Masterabschluss? Sabrina Gabriel ist optimistisch. “In Görlitz gibt es viel Arbeit für Restauratoren.” Dass sie in ihrer Heimatstadt bleiben will, steht für sie fest. Eltern und Ehemann sind hier. Erfurt war nur eine Zwischenstation fürs Studium, weil es dort den perfekten Studiengang gibt. Denn seit ersten Berufserfahrungen in und kurz nach ihrer Ausbildung zur Mediengestalterin weiß die heute 29-Jährige genau, was sie will. “Ich kann mit meinen Händen künstlerisch tätig sein, habe auch ein Fachabitur in Kunst. Aber mir fehlt leider die Kreativität zu immer neuen Gestaltungsideen.”
Welcher Beruf wäre da passender als der des Restaurators? Jahrhundertealte filigrane Malereien detailgenau nachzeichnen. Geduldig und akribisch sein. Kunstgeschichte begeistert sie zudem. Und das erhalten zu können, was die Geschichte uns gegeben hat, wie sie sagt. “Das ist genau mein Ding.”
Sie wusste es im Grunde eben schon als kleines Kind…