Susann Krumpholz ist hin- und hergerissen. Einerseits ist da die Freude, dass sie ihr Nagelstudio nach vielen Wochen wieder öffnen und Kunden empfangen darf. Endlich wieder Nägel schön machen! Andererseits sind die Voraussetzungen dafür schwierig. Alle Kunden müssen einen tagesaktuellen negativen Corona-Test vorlegen. “Das ist für uns eine mittelschwere Katastrophe. Denn das wollen viele nicht.”
Für uns, das sind sie und ihre Mutter. Gemeinsam sind sie das Nagelstudio Zauberfeile im Klosterplatz 3. Im Juni 2013 hat Susann Krumpholz allein begonnen, gut zwei Jahre später kam ihre Mutter dazu. Tochter die Chefin, Mutter die Angestellte? Geht das gut? Susann Krumpholz lacht. “Das fragen mich viele. Und viele sagen, dass sie das nicht könnten.” Aber den beiden Frauen gelinge es gut, Arbeit und Privates zu trennen. “Ich bin auch nicht so die typische Chefin. Meine Mutti bekommt von mir sicher keine Abmahnung.” Es funktioniere harmonisch, die Kunden könnten gut aufgeteilt werden.
Eher kein Basteltyp
Und hätte es mit der Mutter als Mitarbeiterin nicht funktioniert, wäre die Inhaberin allein geblieben. “Es ist schwierig, passende Mitarbeiter zu finden. Manche stellen sich diesen Job als bezahltes Quatschen vor.” Natürlich wird bei der Nagelmodellage oft geplaudert. Aber es gibt auch Arbeitsschritte, bei denen Susann Krumpholz all ihre Aufmerksamkeit braucht. Und Geld kommt eben auch nur herein, wenn gearbeitet wird.
Schon seit 2008 ist das eine Arbeit, die die heute 35-Jährige liebt. Die Vielseitigkeit. Die Kreativität. “Wobei das witzig ist. Zuhause bin ich nicht so. Kein Basteltyp.” Manchmal zum Leidwesen ihrer dreijährigen Tochter. Auch die Deko im Nagelstudio stammt von ihrer Mutter. Aber an den Nägeln, da hat Susann Krumpholz immer wieder neue Ideen. Unzählige Dekosteinchen in allen Farben funkeln in ihren Behältern an der Wand. Lacke und Gele stehen in Regalen. Material zum Austoben für schöne Fingernägel.
Aber auch die Menschen und ihre Geschichten mag die Görlitzerin. Viele sind Stammkunden, kommen seit Jahren. Erst neulich haben sie es geschafft, Susann Krumpholz zu überraschen. In der schwierigen Corona-Zeit, mit Lockdown und zweimaliger Geschäftsschließung, gab es gleich zwei Spendenaktionen für das Nagelstudio. Eine dringend nötige Hilfe. “Sonst hätte ich das Studio wahrscheinlich nicht über den Jahreswechsel bringen können.” Auch weil die staatlichen Hilfsgelder lange nicht kamen. Die Spendenaktionen waren daher nicht nur wirtschaftlich nötig, sondern natürlich auch emotional wichtig. “Ich hätte nie erwartet, so viel Hilfe zu bekommen. Bis zu 200 Euro wurden von Leuten gespendet!” Auch Fremde aus anderen Städten halfen, die noch nie Kunde bei ihr waren. Viele kauften Gutscheine, ohne zu wissen, wann sie sie einlösen können. “Vielen vielen Dank dafür an alle! Diese Unterstützung hat mich unglaublich gefreut!”
Neue Wege in verrückten Zeiten
Zwischenzeitlich hat sie versucht, Geld mit dem Verkauf von Kosmetikprodukten zu verdienen. Damit kennt sie sich als gelernte Kosmetikerin aus. Über den Social-Media-Kanal Instagram hat sie die Produkte vertrieben. “Aber das war nicht meins. Dauernd neue Videos produzieren.” Ein großer Aufwand, den sie sich dauerhaft nicht zutraute. Schließlich war und blieb das Ziel, in ihrem Nagelstudio endlich wieder Kunden empfangen zu können. Von Haushalt und Familienleben mit Kleinkind ganz abgesehen. Aber es war ein Versuch, ihr Unternehmen über Wasser zu halten. Also verkauft sie die Produkte jetzt nebenbei in ihrem Studio.
Der erste Lockdown im Frühjahr 2020 war dennoch schlimmer für Susann Krumpholz. “Da wusste ja niemand, was kommt.” Jetzt sind es eher die unklaren bürokratischen Bestimmungen, die sie aufregen. Sie berichtet von Ämtern, die nicht auskunftsfähig oder -willig sind. Von Ungleichbehandlung und Unverständnis. Von Formularen über Formularen. Von verzweifelten Kundinnen, die mit einst schönen, aber nun splitternden Fingernägeln zu Hause sitzen und darum bitten, einen Hausbesuch zu bekommen. Was natürlich nicht geht. Corona sei “Dank”.
Also versucht die junge Frau, ihr Geschäft auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Zwischen ihr und dem Kunden steht nun eine Glasscheibe, die dauerhaft bleiben wird. Glas statt Kunststoff, weil es sich besser desinfizieren lässt. Demnächst wird etwas umgestaltet, damit die geforderten Abstände noch besser eingehalten werden können. Und schöner soll es auch werden, inklusive neuer Wandgestaltung. “Ich grüble noch, was genau. Aber jetzt, da meine Tochter endlich wieder in den Kindergarten kann, habe ich Zeit und Muße. Auch für neue Designs für die Nägel.” Denn ihr Traumjob ist es nach wie vor.