Stellen Sie sich vor, Sie hören das Märchen von Zwerg Nase und können riechen, was er kocht. Wenn er durch den Wald läuft, duftet es nach Wald. Und wenn er den Müll rausbringt, riecht man das auch. “Das Riechen ist ein vernachlässigter Sinn in der Kunst”, sagt Wolfgang Georgsdorf. “Und er ist so fundamental anders als Hören und Sehen, weil wir Gerüche ganz anders wahrnehmen.” Ein Thema, das Wolfgang Georgsdorf seit Jahrzehnten umtreibt. Er ist Freiberufler, interdisziplinär, versteht sich als eine Mischung aus Wissenschaftler, Erfinder und Künstler. “Spieltrieb und Neugierde begleiten mich schon immer – und sind die gemeinsamen Triebfedern von Kunst und Wissenschaft.”
Ausstellung in mehreren Städten
Wolfgang Georgsdorf stammt aus Österreich und lebt seit langem in Berlin und im Spreewald. Nun ist er zum ersten Mal in Görlitz. In der Stadthalle ist derzeit sein “Osmodrama” zu erleben. Es ist ein Ankerprojekt der Ausstellung “Tausend & Deine Sicht”, die die Städtischen Museen Zittau durchführen. Neben Ausstellungen und Festivals im Dreiländereck ist eben auch das Osmodrama in Görlitz zu erleben.
Osmodrama ist die Kunst, Osmodrom der Ort, Smeller 2.0 die Anlage – alles Begriffe, die Wolfgang Georgsdorf extra für seine Kunst erstellt hat, orientiert an griechischen Worten in der Tradition der Benennung neuer Medien. “Das ist eine neue Medienkunst. Also brauchen wir auch neue Namen.” Es sei quasi Theater für die Nase, was nun entstanden ist, Osmodrama.
“Duftmaschine” braucht viel Raum
Die Gerüche für seine Kunst generiert eine Anlage, die einen Extraraum einnimmt. Eben jener Smeller 2.0. Das sind 64 Rohre mit 64 Grundgerüchen, mit denen tausende Düfte und Gerüche erzeugt werden können. Über ein sogenanntes Hauchmaul – oder Daisy, Gänseblümchen, wie die Macher es nennen – werden die Düfte in den Raum geblasen. Eine Wand mit fast 19.000 Löchern sorgt für gleichmäßige Luftzirkulation. Rund 100 Sitzplätze gibt es im Osmodrom, umgeben von weißer Fallschirmseide. Hörspiele sind zu erleben, Märchen, auch Filme, sogar Konzerte. Alles untermalt – oder getragen – von Gerüchen.
Ein Lieblingsstück von Wolfgang Georgsdorf ist “Autocomplete – Evolution in zwölf Minuten”. Alle paar Sekunden gibt es dort einen neuen Geruch, 72 Wechsel insgesamt. “Wir erzählen Geschichten mit Gerüchen.” Der Smeller erzeugt sie mit komplexen Flüssigkeiten aus dem Labor, Nachbildungen natürlicher Gerüche. Dafür arbeitet Georgsdorf mit dem bekannten Berliner Parfumeur Geza Schön zusammen.
Görlitz ist magisch
Görlitz kannte Wolfgang Georgsdorf bisher nur vom Hörensagen. Aber nach ein paar Wochen in einer KommWohnen-Ferienwohnung sagt er: “Diese Stadt ist magisch! Dieser so homogene Innenstadtbereich! Dieser Leerstand, der etwas Geheimnisvolles hat und in uns Künstler sofort Phantasien entstehen lässt!” Er und sein Team genießen den Aufenthalt hier, auch wenn sie mittlerweile häufig zwischen Görlitz und Zittau pendeln. Im Dreiländereck finden die nächsten Projekte der großen Ausstellung “1000 & Deine Sicht” statt. Bis zum 7. Oktober duftet es noch im großen Saal der Stadthalle, täglich außer montags von 15.00 bis 20.00 Uhr.
Übrigens: Der beste Platz im Osmodrom mit den besten Dufterlebnissen ist in der Mitte (siehe Foto oben)…
Schlaubergerwissen: Mehr zur Kunst selbst und vergangenen Spielstätten gibt es auf dieser englischsprachigen Seite zu lesen: www.osmodrama.com/events