Was lange währt… oder wehrt? Nach vielen Jahren ohne Rahmen hat die Bundesregierung nun endlich den Weg freigemacht für mehr Ordnung in Sachen Mietpreise. Am 1. Juli 2022 ist das neue Mietspiegelrecht in Kraft getreten. Dies besagt, dass Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern einen offiziellen Mietspiegel haben müssen. Und das trifft auf Görlitz zu.
Bis zum 1.1.2023 bzw. im Falle eines qualifizierten Mietspiegels bis 1.1.2024 haben die Kommunen nun Zeit. Gegenüber dem Niederschlesischen Kurier hat die Stadtverwaltung mitgeteilt, dass nun die Durchführungsverordnung des Freistaats abgewartet werde. Danach solle der Stadtrat über die Verfahrensweise entscheiden.
Wichtig für KdU
Die endliche Erstellung eines Mietspiegels ist eine gute Nachricht. Bisher hat Görlitz keinen. Und das bringt Vermietern Probleme, was Wohnungen angeht, die über die Kosten der Unterkunft (KdU) mitfinanziert werden. Empfänger von Hilfen nach SGB II und XII erhalten diese. Mietspiegel helfen beim Ermitteln von ortsüblichen Vergleichsmieten. Das Landratsamt nimmt mangels Mietspiegel seit Jahren als Berechnungsgrundlage Querschnittpreise von Wohnungen, die auf Immobilienportalen im Internet angeboten werden. Wohnungsunternehmen des Landkreises bemängeln dieses Vorgehen schon lange, haben sich selbst an die Landesregierung gewandt. Zu ungenau sei dieses Verfahren, da ich sich um aktuell nicht vermietete (oder vermietbare?) Wohnungen handelt.
Ihre Kritik: Die in den vergangenen Jahren stetig gestiegenen Baupreise und Betriebskosten spiegeln sich nicht in den Zuschüssen des Landkreises wider. Dadurch stehen Bedürftigen nur unmoderne und unsanierte Wohnungen zur Verfügung. Ansprechenderes könne für diese Preise nicht mehr finanziert werden, heißt es aus mehreren Unternehmen. „Wir freuen uns sehr, dass mit einem Mietspiegel alternative Erfassungsmethoden, wie sie der Landkreis anwendet und wie sie von Vermietern seit Jahren hart kritisiert werden, bald der Vergangenheit angehören“, sagt KommWohnen-Geschäftsführer Arne Myckert.
Sorge vor Ghettoisierung
Eine der Hauptsorgen der Vermieter ist eine Ghettoisierung. So unter wirtschaftlichem Druck, könnten Vermieter nur einzelne Blöcke oder Straßenzüge zum KdU-konformen Preis anbieten und nicht Wohnungen im gesamten Stadtgebiet verteilt. Auch stocken viele Hartz-IV-Empfänger den KdU-Satz aus eigener Tasche auf, um sich eine bestimmte Wohnlage leisten zu können. Wer das nicht kann, zieht eben in die anderen, was soziale Brennpunkte entstehen lassen könnte. Zudem sind die Zuschüsse für Rentner mit nur sehr geringem Einkommen schwierig, und von ihnen wird es in den kommenden Jahren und Jahrzehnten wohl deutlich mehr geben.
Daher ist in Görlitz nicht die Mietpreisdeckelung anderer Städte Thema eines Mietspiegels, sondern eher das “Auffüllen von unten”. Ein offizieller Mietspiegel wird eine viel objektivere Grundlage für die Berechnung des Landkreisanteils sein. Arne Myckert: „Intern und mit ein paar größeren Vermietern gemeinsam haben wir schon seit Jahren einen Mietspiegel, aber es fehlten immer die Daten der privaten Vermieter. Schon aus diesem Grund freuen wir uns, dass mit einem offiziellen Mietspiegel nun wird, was wir schon damals erreichen wollten, nämlich eine verlässliche Bezugnahme auf ortsübliche Mieten.“
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