Eine knappe Woche mit dem Motorrad durch Sachsen und Brandenburg fahren, dabei Stops am Haus Schminke in Löbau, am Kraftwerk Schwarze Pumpe, in Bautzen, am künftigen Ostsee bei Cottbus, in Forst und in Görlitz – es gibt unentspanntere Wege der Weiterbildung. Entsprechend gut drauf sind die zehn Motorradfahrer aus Köln, Frankfurt, Westfalen, Dortmund, Minden. Sie sind für einen Bildungsurlaub unterwegs. Das ist in einigen Bundesländern die Möglichkeit, sich zusätzlich zum Erholungsurlaub fünf Tage im Jahr frei zu nehmen, um sich fortzubilden. “Den Osten Deutschlands erfahren” lautete der Titel der Reise, für die die Motorradfahrer jetzt in Görlitz waren. Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk IBB in Dortmund hatte den Trip organisiert. “Ich bin bis zu viermal pro Jahr dafür unterwegs”, sagt Klaus Nakielski, Reiseleiter und Referent beim IBB. Immer als Motorradtour, oft mit bekannten Gesichtern. So macht Lernen Spaß.
Diesmal also der Osten. Themen der Reise sind unter anderem das Zusammenleben der Menschen an der deutsch-polnischen Grenze und die Auswirkungen des Braunkohletagebaus. Und natürlich der Stadtumbau Ost. In Görlitz haben die Gäste nicht nur einen Termin bei der Stadtverwaltung, sondern auch bei uns. Geschäftsführer Arne Myckert empfängt sie im historischen Saal und berichtet aus der Arbeit des Unternehmens. Der Termin dauert länger als geplant, die Besucher haben viele Fragen.
Verfall lässt Besucher staunen
Danach wird’s praktisch. Joachim Wätzig, Teamleiter der Bautechnik bei KommWohnen, zeigt die Häuser an der Brautwiesenstraße: marode und sanierungsbedürftig die Nummern 5 bis 7, frisch saniert, modern und einladend die 17 und 18. In ersteren staunen die Besucher. Für seine wunderschön sanierten Gründerzeithäuser ist Görlitz lange bekannt, aber wie diese mehr als 100 Jahre alten Gebäude vor der Rettung aussehen, wissen viele natürlich nicht.
Joachim Wätzig erzählt von den Besonderheiten dieser Häuser, von den Herausforderungen bei der Sanierung, auch von Förderprogrammen und Denkmalschutz. In Haus Nummer 5 hat KommWohnen schon vor Jahren das Dach erneuert, sich dann aber erstmal anderen Baumaßnahmen gewidmet. Das führt im Dachgeschoss zu ungewöhnlichen Einblicken.
(Schlaubergerwissen: Diese Dachform nennt sich “Berliner Dach” und täuscht dem Betrachter auf der Straße ein Satteldach vor, obwohl es in der Mitte ein Flachdach ist. Gründerzeithäuser haben das öfter, nicht nur in Görlitz. Die Form ist kostengünstiger, hat optisch aber keine Nachteile.)
Begeistert zeigen sich die Bildungsurlauber von der frisch sanierten Brautwiesenstraße 17/18. Hier hat KommWohnen zwei Häuser zusammengelegt und mit Fahrstuhl erschlossen. Interessanterweise erkundigen sich die Besucher nicht nur nach den üblichen verdächtigen Infos wie Kosten und Größe der Wohnungen, sondern auch für die Art der Heizung und die Möglichkeit des Aufladens von Elektrofahrzeugen auf den Stellplätzen im Innenhof.
Solche Entwicklungen und Görlitz überhaupt (wen wundert’s) kommen an. Am Ende der Führung stellt Reiseleiter Nakielski sofort den nächsten Besuch in Aussicht. Wahrscheinlich schon im kommenden Jahr. Von Bildung kann man schließlich nie genug haben.