Das Wörtchen Film hat in Görlitz eine ganz besondere Bedeutung. So ist auch die Filmografie der Stolz der Stadt. Viele bekannte Hollywoodstreifen wie “The Grand Budapest Hotel”, Tarantinos “Inglourious Basterds” oder “In 80 Tagen um die Welt” mit Kultschauspieler Jackie Chan wurden in Görlitz gedreht. Doch allein die Schauspieler machen noch keinen Film aus. Kameraleute, Beleuchter, Produktionsleiter, Szenenbildner und noch vieles mehr braucht es, um einen guten Film zu produzieren. Dieses Fachwissen wird unter anderem an der Sächsischen Filmakademie hier in Görlitz gelehrt. Bernd Hölsken als Leiter der Filmakademie hat uns einen Einblick in seine heiligen Hallen gewährt.
Noch junge Geschichte
Welcher Görlitzer weiß von einer Filmakademie mitten in der Stadt? Vermutlich wenige. Das liegt vielleicht daran, dass diese erst seit März 2022 existiert. Dank der Fördermittel des Freistaats Sachsen konnte die Filmakademie auch durch die Hochschule Zittau/Görlitz als Bildungspartner ins Leben gerufen werden. Sie hat ihr Zuhause in den Büroräumen vom Konsulplatz 1. Das Objekt gehört KommWohnen.
Seit dem Bestehen gibt es Unterstützung aus der Politik und der Filmwirtschaft für das Pilotprojekt. So verlieh beispielsweise jüngst ein professioneller Filmgeräterverleih aus Leipzig Equipment im Wert von ca. 400.000 Euro für ein Seminar an die Akademie.
Geleitet wird die Filmakademie von Dipl.-Designer und Dipl.-Kameramann Bernd Hölsken. Mittlerweile hat er auch Unterstützung von Moritz Draheim, einem Filmschaffenden aus Berlin, und einer weiteren Mitarbeiterin.
Was bietet die Sächsische Filmakademie?
Die Sächsische Filmakademie ist keine Schauspielschule. „Wir konzentrieren uns auf die handwerkliche Mittelschicht“, antwortet Bernd Hölsken auf diese Frage. Genauer bedient die Filmakademie drei Berufsfelder. Nämlich die Assistenz Filmproduktion, die Assistenz Kamera & Licht und die Assistenz Filmaustattung. Hier bietet die Institution Kurse an, welche von versierten Personen aus der Filmproduktion abgehalten werden. „Die Kurse dauern drei bis fünf Tage. Das Teilnehmerfeld umfasst meist zehn bis zwölf Personen im Alter von 19 bis 40 Jahren“, erzählt Bernd Hölsken. Die Dozenten und Dozentinnen vermitteln dann didaktisch präzise und vor allem praxisbezogen ihr Fachwissen. „Als ich mein Filmstudium absolvierte, gab es ein ähnliches Modell. Von dem war ich überzeugt und heute dient es als Vorbild“, erinnert sich Bernd Hölsken. Danach folgt für die Teilnehmer ein Praktikum bei einer großen Fimproduktion. Mittlerweile trägt die Arbeit von der Filmakademie auch Früchte. So sind ehemalige Kursteilnehmer in Produktionen wie z. B. “Wolfsland” beteiligt. Für 2024 sind zusätzlich Wochenendseminare und ein Kurs in Richtung Dramaturgie geplant. Da wird sich zum Beispiel mit der Frage beschäftigt: Wie setze ich Spannung im Film um?
Görlitz als Standort mit vielen Vorteilen
Bernd Hölsken empfindet den Standort Görlitz als enorm wichtig. So sieht er die Filmakademie nicht nur als eine Institution für Aus-und Weiterbildung. „Wir möchten Leuten auch ermöglichen, den ersten Schritt zu machen und Berufe beim Film kennenzulernen“, sagt er. So können Menschen aus der Umgebung erkennen, ob eine Karriere beim Film das Passende für sie ist. Zudem kommen die Dozenten und Dozentinnen gern nach Görlitz. „Die Stadt ist wunderschön und bietet vielen aus der Großstadt ein paar exotische Tage“, freut sich Bernd Hölsken. Ein großer Vorteil sind die kurzen Wege. „Hier kommt man zu Fuß super zur nächsten Filmlocation, wie zum Beispiel zum Braunen Hirsch.”
Werkstattgespräche starten
Am Donnerstag beginnt das erste von drei Werkstattgesprächen. Diesen Donnerstag (16.11.) ist Oberbeleuchterin Lisa Maria Müller da. Sie berichtet unter anderem von ihrem Mitwirken am Film “Matrix Resurrections”. Am folgenden Donnerstag (23.11.) steht dann die Erfolgsserie “Babylon Berlin” im Fokus. Dann wird Kameramann Bernd Fischer da sein. Am 29. November folgt Besuch aus der Schweiz. Der Kameramann Matthias Bolliger arbeitete für Produktionen wie “4 Blocks” und “Nur Gott kann mich richten”, zudem wirkte bei diversen “Tatort”-Filmen mit. Start ist jeweils um 19 Uhr am Konsulplatz. Filmbegeisterte sind herzlich willkommen. Der Eintritt ist kostenfrei.
Vom Standbild zum bewegten Bild
Bernd Hölskens Weg begann in Berlin und in Hamburg. Sein Studium für Design und Fotografie in Braunschweig schloss er erfolgreich ab. Später war er als Komparse bei einem Film dabei und fand das Drumherum äußerst spannend. „Daraufhin entschloss ich mich, Film zu studieren und konnte sogar von Filmschaffenden aus Los Angeles und Moskau lernen“, erzählt er stolz. Später war er an Schulen in Berlin, Hamburg und Peking tätig. Auch wenn Film sein Beruf ist, kann er trotzdem bei vielen Filmen abschalten und sich daran erfreuen. „Wenn ein Film gut gemacht ist, kann ich das kritische Auge auch ausschalten und den Film in vollen Zügen genießen“, sagt Bernd Hölsken als Fan älterer Filme. „Ich bin in Sachen Filmgeschmack wohl eher old fashioned. Ich mag die Fellini-Filme und vieles aus den sechziger Jahren, wie zum Beispiel ‘The Touch of Evil’.”
Die Sächsische Filmakademie freut sich über jeden filminteressierten Gast. Dort gibt es die Möglichkeit innerhalb weniger Wochen viele spannende Leute und Filmexperten kennenzulernen.