Die wegen Corona geschlossenen Grenzen zu Polen und Tschechien sind in der deutschen Wirtschaftswelt vorige Woche hochgekocht. Wer nach Deutschland arbeiten kommt und nach Feierabend wieder in sein Heimatland will, muss für zwei Wochen in Quarantäne. Berufspendler empfinden das quasi als Arbeitsverbot. Für Angestellte aus medizinischen und anderen kritischen Bereichen gibt es nun Sonderregelungen, immerhin.
Doch dass weitere Personengruppen betroffen sind, merken unsere Kundenbetreuer derzeit. Einige Polen, die Anfang des Jahres Mietverträge für eine deutsche Wohnung abgeschlossen haben, können nun nicht einziehen. Denn alle Habseligkeiten nach und nach aus der alten in die neue Wohnung zu schaffen, geht ja nicht. Beim Grenzübertritt nach Polen würde von den polnischen Behörden sofort die zweiwöchige Quarantäne angeordnet. Das macht selbst einen Umzug von Zgorzelec nach Görlitz unmöglich. Ein Umstand, der in der Europastadt noch vor acht Wochen undenkbar war.
Zeitaufwendige Tour
Bliebe ein Umzugsunternehmen als Alternative, um den gesamten Hausstand mit einer Fuhre nach Deutschland zu schaffen. Aber auch dann steht das Problem mit der Quarantäne. Egal ob polnisches oder deutsches Unternehmen: Auf einer Tour wird’s zeitaufwendig. „Und welches polnische Unternehmen würde seine Mitarbeiter zwei Wochen in Quarantäne schicken, wenn sie in dieser Zeit auch in Polen arbeiten könnten, nur eben ohne Grenzübertritt?“, meint Kundenbetreuerin Marta Melcher (im Foto rechts), die als Sachbearbeiterin für polnische Angelegenheiten hauptsächlich mit polnischen Mietern zu tun hat und deren Probleme kennt.
Ihre Kollegin Dorota Chuderska (links) hat in den vergangenen Tagen mehrere Absagen schon vorbereiteter Mietverhältnisse bekommen, also nach Einreichung aller Unterlagen und Wohnungsbesichtigungen. „Mit der Begründung, wegen Corona.“ Für die Polen ist nicht nur die wirtschaftliche Lage unsicher. Ein Umzug funktioniert derzeit rein praktisch nicht.
Eigentlich so normal, jetzt unmöglich
Letztlich ist die Vorgabe der Nachbarländer auch für die polnischen KommWohnen-Mitarbeiter schwierig. Fast alle der derzeit sechs Betroffenen wohnen auf der deutschen Seite, können weiterhin normal zur Arbeit kommen. Doch auch der Alltag ist anders geworden. „Es ist für uns ganz normal rüberzugehen zum Einkaufen“, sagt Dorota Chuderska. „Ein paar polnische Dinge, die mir schon jetzt fehlen.“ Brot zum Beispiel, eine bestimmte Weißwurst als Tradition zum Osterfest. Von Freundesbesuchen ganz abgesehen.
Kleine Sorgen im Vergleich, natürlich. Manche Polen können nicht zu ihren Ärzten in Deutschland, was deutlich schlimmer ist. Aber es schmerzt eben auch im Kleinen, dass ein eigentlich so normal gewordener Grenzübertritt ins Heimatland plötzlich fast bedrohlich wirkt.
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